19 Nov 2006 - 21 Jan 2007 Kuratorin Curator: Ingrid Burgbacher-Krupka |
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FAMA FLUXUS MYTHOS BEUYS LEGENDE PAIK
Karlheinz Stockhausen
Zur Ausstellung Das diesjährige Ausstellungsprojekt LEGENDE PAIK ATELIER MARY
BAUERMEISTER fokussiert die frühen Jahre des Koreaners Nam June Paik im
Umfeld der Musikszene des elektronischen Studios des WDR in Köln. Hier begann
Paik mit der visuellen elektronischen Kunst zu experimentieren. Er wollte seine Musikerfahrungen
einer neu gestaltbaren elektronischen Klangwelt in die bildende Kunst einbringen
und avancierte zum „Vater der Videokunst“. Als er im letzten Jahr starb,
erklärten ihn amerikanische Medien zu einem der bedeutendsten Künstler
des 20. Jahrhunderts. Mary Bauermeister war Paik in lebenslanger Freundschaft verbunden. In ihrem Atelier in Köln (1960 - 1962) hat Paik erste Aufsehen erregende Aktionen gemacht.
Zum musikalischen Theater ORIGINALE Dem Komponisten Stockhausen ging es zu jener Zeit um eine neue musikalische Zeitgestaltung aufgrund von ‚Momentformen’. Momentformen, so Stockhausen, sind Formen, „die von dem Schema der dramatischen finalen Form weit entfernt sind; die weder auf die Klimaxe noch auf vorbereitete und somit erwartete mehrere Klimaxe hin zielen und die üblichen Steigerungs-, Überleitungs- und Abklingstadien nicht in einer auf die gesamte Werkdauer bezogenen Entwicklungskurve darstellen; die vielmehr sofort intensiv sind und – ständig gleich gegenwärtig – das Niveau fortgesetzter ‚Hauptsachen’ bis zum Schluss durchzuhalten suchen (...)“. Wie Mary Bauermeister heute rückblickend bemerkt, ging es ihr bei der Konzeption von ORIGINALE um die Ausdrucksfülle und Spontaneität des Lebens, die in Stockhausens ‚absolut’ präzise Kompositionen Einzug halten sollten, diese Spannung zwischen festgefügter Form und Lebenskraft. In der Sindelfinger Ausstellung lässt Mary Bauermeister in ihren eigenen bildnerischen Arbeiten und der anschaulichen Inszenierung ihres lebenslangen Briefwechsels mit Paik, mit Partituren, Bilddokumenten etc., ihr Atelier (und damit auch die Aufbruchszeit der frühen 60er) Review passieren. Wir haben uns daher entschlossen, ORIGINALE in dieser Studioatmosphäre neu zu inszenieren, im Zusammenspiel mehrerer Generationen, unter Mitwirkung von Teilnehmern der ersten Stunde – Mary Bauermeister, Hans G Helms; in Zusammenarbeit mit jungen Künstlern, in verschiedenen Medien arbeitend, im Sinne des Gesamtkunstwerkgedankens. Die Staatliche Hochschule für Musik Trossingen hat unter der Regie der neuen Rektorin Elisabeth Gutjahr Infrastruktur und Einstudierung der musikalischen Struktur von ORIGINALE übernommen. Junge Musiker haben mit Zuspruch von Stockhausenexperten, Bryan Wolf u.a., (die heute die Komposition KONTAKTE im Sinne des ‚Meisters’ weltweit aufführen) das schwierige Stück einstudiert. Die Rolle von Nam June Paik, für den daeinst der Name ‚Aktivist’ geprägt wurde, hat der junge südafrikanische Künstler Robin Rhode übernommen, der sich durch Ausbeutung mit künstlerischen Mitteln gerade weltweit einen Namen macht. ORIGINALE 1961, auf der musikalischen Zeitstruktur der Komposition KONTAKTE fußend – Stockhausens wohl liberaler Schaffensperiode – eng verbunden mit Fluxus, ist ein Stück Zeitgeschichte. Wie Jean-Marie Straub in seinem Film ‚Machorka Muff’ (in der Ausstellung) zeigt – nach der Erzählung von Heinrich Bölls ‚Hauptstädtisches Journal’ mit Blick auf die Remilitarisierung Deutschlands – war die politische Stimmung aufgeheizt. Die zweite Aufführung von ORIGINALE in New York 1964 hat die Fluxusbewegung gespalten. (Für den Fluxuskünstler George Maciunas war ORIGINALE Anlass, den Dialog zwischen der europäischen und amerikanischen Kultur zu politisieren und damit zu verschärfen. Paik hingegen erblickte in ORIGINALE die Vision einer Integration). ORIGINALE heute? Erste Begegnungen lassen vermuten, dass das musikalische Theater mit seiner Spannkraft und momentanen Spielfreude junge Künstler in einen anregenden Dialog führt, musikalisch, künstlerisch, zeitgeschichtlich. ibk |
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